Sonntag, 26. April 2015
Herz und Hölle

Hand aufs (gebrochene) Herz: Wann hattet Ihr das letzte Mal Liebeskummer? Und wie geht ihr damit um?

Igelt Ihr Euch ein, zieht die Decke über den Kopf und heult Euch die Augen aus? Oder verfallt Ihr in Aktivitäten, macht Sport bis zum Umfallen oder durchtanzt die Nächte, um den Kummer davonzujagen? Jeder hat da andere Strategien – und jeder leidet anders.

Manchmal ist das Gefühlsgewitter so rasch vorbei wie ein schneller Schnupfen - und manchmal heilt die Zeit die Wunden ewig nicht. Je nachdem.

Bei mir ist es leider meist „nachdem“: Ich verschenke mein Herz nicht schnell – doch wenn, dann richtig. Wenn es schief geht, ist aber leider auch das Liebestief intensiv. Mit anderen Worten: Mein Herz geht durch die Hölle.

Insofern bedauere ich stark, dass gegen Liebeskummer kein Kraut gewachsen ist - selbst wenn meine Heilpraktikerin unterstützend das ein oder andere Mittelchen parat hat.

An die Wirkung der Globuli mag man nun so viel oder wenig glauben, wie an Kühe, die fliegen.



Aber wer den Schaden hat, sucht eben nach (Aus-)Wegen. Á propos Schaden: Man kann sich hierzulande ja nun wirklich gegen alles mögliche versichern – gegen Krankheit, Unfall oder Diebstahl. Es gibt Schutz für Auto, Haus und den darin versammelten Hausrat. Auch das eigene Leben kann man versichern. Mancher Star schließt sogar für seine kostbarsten Körperteile eine Police ab – man denke an J Lo´s Hinterteil oder David Garretts Geigerhände.

Nur das eigene Herz, das kann man nicht schützen. Kann man nicht? Kann man (vielleicht) doch!

Ich hab da was im Netz gefunden: die Lieseskummer-Versicherung.

Die „Love-Insurance“ ist ein Projekt eines Hamburger Künstlers. Es ist eine soziale Performance, soll die Brücke zwischen Leben und Kunst schlagen - und bringt zusammen, was eigentlich nicht zusammengehört: ein „profanes“ Gefühl und die nüchterne Welt der Versicherung. Soweit der theoretische Ansatz.

In der Praxis bedeutet das: Ich kann eine Love Insurance gegen eine einmalige Schutzgebühr von 20 Euro abschließen. Natürlich muss ich entsprechende Formulare ausfüllen. Außerdem mache ich ein Angebot: Was kann, will und werde ich für Leidensgenossen im Schadensfall tun?

Der eine bietet Ohr und Schulter zum Aussprechen und Ausweinen an, der nächste kocht Pasta – das Seelenfutter soll wieder glücklich machen. Ein anderer lädt zu einem Outdoor-Wochenende ein, damit die Wunden in freier Wildbahn heilen können. Einen besonderen Adrenalinkick bietet ein Hamburger an: Er schippert einen mit dem Schlauchboot durch den Hafen, vorbei an den riesigen Frachtschiffen und Ozeankreuzern. Aufregend! Das dürfte fürs erste Ablenkung vom Herzschmerz schaffen...



Der Kreativität und dem Einfallsreichtum sind kaum Grenzen gesetzt. Natürlich hat Betreiber Till Haupt trotzdem ein Auge auf das Schadensbegrenzungs-Sammelsurium – die Liste ist auf seiner Homepage zu finden. Eine Dating-Plattform ist die Love-Insurance übrigens nicht: Alter und Geschlecht des Anbieters tauchen in der Liste nicht auf. Erst recht keine Fotos. Es geht wirklich „nur“ um Akuthilfe im Liebeskummer-Notfall, nicht um die Suche nach dem nächsten (potenziellen) Herzensbrecher.

Noch mal á propos: Für sein Angebot bekommt man – je nach Wertigkeit – eine gewisse Anzahl halbe (= gebrochener – sic!) Bleiherzen. Die darf man selbst im Fall des Falles einlösen – und eines Anti-Liebeskummer-Angebote in Anspruch nehmen. Vorher muss man natürlich eine Schadensmeldung abgeben; ist ja schließlich eine Versicherung.

Allein schon das Prinzip gegenseitiger Hilfe und das leichte Augenzwinkern, mit dem man sein Herzeleid auf diese Weise betrachten kann, sind schon viel Wert.

Aber manchmal geht das Leid über den Liebesverlust ins Unermessliche und es reichen weder solche Ablenkungsmanöver noch geduldige Freunde, die sich die Geschichte wieder und wieder anhören und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Denn, seien wir ehrlich, irgendwann sind selbst der treueste Kumpel oder die beste Freunden die ewig gleiche Liebesleidleier leid. Was dann?


Dann muss/darf/kann ein Profi ran – es muss nicht gleich ein Psychotherapeut sein. Aber vielleicht ein Fachmann für Herzbruch? Den, vielmehr die gibt es nämlich auch: den Liebeskummercoach.

Über die Liebesleid-Expertin bin ich vor ein paar Jahren per Zufall gestolpert. Für eine Rubrik über Menschen mit ungewöhnlichen Berufen, die ich viele Jahre geschrieben habe, brauchte ich wöchentlich Nachschub. Dabei waren Schatzsucher, Golfballtaucher, Fassadenkletterer - und Silvia Fauck, die zunächst in Hamburg, dann in Berlin eine Praxis fürs Liebeskummer-Coaching aufgemacht hat. Hier finden Menschen mit gebrochenem Herzen Unterstützung bei der Hilfe zur Selbsthilfe, um aus dem Liebesloch herauszukommen. Dass ich sie kurze Zeit selber benötigen wurde, habe ich damals, als ich sie für die Kolumne interviewte, übrigens nicht geahnt. Doch so kam es. So ist das Leben eben.

Übrigens – vielleicht ein Trost - hörte ich neulich Roger Willemsen zu Sarah Kuttner sagen, eines der wenigen Dinge, worauf sie sich im Alter freuen dürfe: Der Liebeskummer werde mit den Jahren weniger schlimm.

Will´s hoffen. Aber ich bin ja jetzt bald immerhin Liebeskummer-versichert...
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P.S.: Meine persönliche Musik-Therapie bei Liebeskummer - die aktuelle Top Ten...

I
ESCUECE - BEBE

Dazu habe ich übrigens vor ein paar Tagen im Auto gesungen und „getanzt“, so fröhlich und gedankenverloren, dass ich mich - phasenweise - wohl schon wieder auf dem Weg der Besserung befinde... Dem Autofahrer neben mir an der Ampel hat es jedenfalls gefallen – er gab mir ein „Thumbs up“ für meine unbeabsichtigte Vorstellung. Deswegen ist das Lied auch gerade auf Platz 1! :)

II
ME AND MY BROKEN HEART - ANDIE CASE

III
WAIT IT OUT - SARAH BLACKWOOD

IV
WHO´S THAT GIRL - NAKED RAVEN

V
YOU DON´T KNOW WHAT LOVE IS - CASSANDRA WILSON

VI
WEARY BLUES - MADELEINE PEYROUX

VII
YOUR HEART IS AS BLACK AS NIGHT - MELODY GARDOT

VIII
HURT - JOHNNY CASH

IX
KEINER IST WIE DU - SARAH CONNOR

X
OBLIVION - ASTOR PIAZOLLA

Und was hört Ihr?

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Glück gehabt...


… die Betonung liegt diesmal leider auf "gehabt". Denn ein paar Monate lang hatte ich eine regelrechte Pechsträhne. Kaum etwas lief richtig rund - in allen Lebensbereichen knirschte es: Stress im Job, Schimmel in der Wohnung, Auto kaputt und so weiter und so fort…

Vor allem "und so fort": Neulich bin ich nämlich zu allem Überfluss auch noch bestohlen worden.

(Ich glaube, das war das erste Mal in meinem Leben - puh, bis hierher also: Glück gehabt!)

Aber der Reihe nach:

Ich versuche eigentlich immer mir meinen Humor zu bewahren und das Beste aus der Situation zu machen. Insofern habe ich auch die Tingelei durch die diversen Ferienwohnungen als kleines Alltagsabenteuer betrachtet, auch wenn es natürlich Schöneres gibt, als monatelang Fremdwohnen zu müssen.

Es gab allerdings in jeder Wohnung etwas zu entdecken. (Ja, auch zweifelhafte Kunstobjekte, aber das hatten wir ja schon…)

Im zweiten Domizil - einer netten Einzimmerwohnung im Bötzowviertel- standen zum Beispiel 15 CDs herum. Ich habe ein Projekt daraus gemacht und sie alle durchgehört - von Chopin bis Vivaldi, von Bruce Hornsby bis Procol Harum. War nicht immer mein Geschmack, aber ein paar schöne Stücke zum gerne Wiederhören waren doch dabei.

Das zum Ohren-, jetzt zum Gaumenschmaus: In der Küche stand ein kleiner Kaffeeautomat. Er hätte mich fast kalt gelassen. An sich trinke ich nämlich nur noch ab und zu mal einen Kaffee. Oder trank. Mir ist jedoch das Design der Ein-Personen-Padmaschine aufgefallen. Und aus Neugier, ob sie nicht nur schön, sondern auch praktisch ist, wollte ich das schicke Dings mal ausprobieren.

Also habe ich die passenden, portionierten Kaffeebeutel besorgt - und mich fortan jeden Abend aufs "Nachhausekommen" gefreut, mich mit dem fremden Musikgeschmack angefreundet und dazu einen mit dem Maschinchen gemachten Latte Macchiato genossen.

Daran habe ich sogar so viel Geschmack gefunden, dass ich mir dieses Bötzowviertel-Feeling gern auch für mein echtes Zuhause erhalten wollte. Ich habe also recherchiert, wo ich mir einen solchen Kaffeebereiter beschaffen kann.

Ist natürlich nicht mehr im Handel - klar!

Aber bei Ebay wurde die Padmaschine tatsächlich noch angeboten - für einen akzeptablen Startpreis. Und was soll ich sagen: Ich habe tatsächlich Glück gehabt und die Auktion "gewonnen".

Ein paar Tage später kam die Nachricht, das Paket sei angekommen und in einem kleinen Geschäft in der Nähe meiner Adresse abgegeben worden.

Ich bin also zu einem Ausflug in die "alte Heimat" aufgebrochen - voller Vorfreude auf meine neue Kaffeemaschine. Auf dem Weg hatte ich mich noch gefreut, dass endlich mal wieder was geklappt hat - nach all den kleinen und großen Miseren der letzten Wochen.

Freudestrahlend hielt ich der Dame aus dem Geschäft deshalb meine Paketbenachrichtigung hin, sie schaute drauf, guckte dann mich groß an und sagte:

"Es tut mir leid, es gibt da ein Problem mit Ihrem Paket. Bei uns ist eingebrochen worden. Die Diebe haben alle Pakete mitgenommen - Ihres war leider auch dabei."

Da habe ich wohl PECH gehabt...



P.S.: Falls Ihr Euch auch mal von allen guten Geistern verlassen fühlt, ich habe mir das Glück neulich einfach bestellt: Beim Lieferservice Glück to go. Da gibt es zumindest leckeres Essen. Und das macht ja auch happy!

P.P.S.: Und wenn man mal genauer hinsieht, findet man ein bisschen Glück manchmal auch gleich nebenan ...


(Geschäft im Nachbarhaus)

… oder irgendwo auf der Straße.


(Plakat wofür auch immer)

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