Donnerstag, 3. September 2015
Kochkompetenz-Training


Charlotte ist „schuld“ - im besten aller Sinne. Von ihr kam nämlich der entscheidende Hinweis, der mir nach und nach das Kochen schmackhaft gemacht hat.

Wir saßen im Frühjahr beim Klönschnack zusammen, sprachen über dies und das – und irgendwann fragte sie schließlich:

„Du, ich lese ja deinen Blog. Stimmt es, dass das Kochen für Dich so ein Problem ist?“

Ich musste leider bejahen: Es sei genau so, wie ich es in Cooking beschrieben hätte. Ich würde wirklich nicht so wahnsinnig gern kochen, schon gar nicht für mich allein. Außerdem ginge ich unter der Woche ja meistens mit Kollegen mittags essen. Da bliebe abends zuhause meist die Küche kalt.

Oft gehe leider auch was schief, mir fehle die Routine - ganz zu schweigen von der Muße zum Einkaufen oder der Lust, alles vier Stockwerke in meine Wohnung empor zu schleppen. Denn ich sei leider ein eher bequemer Mensch. Summa summarum würde mich das Kochen während einer Arbeitswoche eher stressen, bekannte ich.

Umso frustrierender, weil ich seit langem den Vorsatz hätte, mich besser zu ernähren, mir selbst mehr Gutes zu tun und mir wünschte, Gäste angemessen bewirten zu können. Charlotte wusste Rat. Sie hatte zumindest einen Vorschlag:

„Kennst du HelloFresh? Versuch es doch mal mit der Kochbox.“



Sie und ihr Mann bezögen das Paket auch seit einiger Zeit. Sie zauberte ein paar Rezeptkarten hervor – und ich war zumindest neugierig geworden: Die Gerichte wirkten abwechslungsreich – und klangen ausnehmend lecker. Zudem ist der Kochbox-Kunde flexibel: Man kann – zum Beispiel während des Urlaubs - pausieren oder auch mal zwischen der vegetarischen und der fleischhaltigen Box wechseln. Es gibt die Kochkartons mit drei oder fünf Gerichten für je zwei Personen. Ein Dreier-Pack würde für mich eine Woche reichen, überschlug ich schnell.

Auch mein innerer Schweinehund freute sich: Alles wird geliefert - kein Geschleppe mehr. Das Ganze ist außerdem nicht unbedingt teurer als ein normaler Wocheneinkauf im Supermarkt. Die Produkte sind noch dazu möglichst Bio und saisonal.

In der Küche braucht man selbst nur eine gewisse Grundausstattung: Butter, Brühe, Olivenöl oder Ähnliches. Gekocht wird querbeet – italienisch, orientalisch, asiatisch. Alles sehr abwechslungsreich und ausgewogen – nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Probieren könnte ich es ja mal, beschloss ich deshalb.

Und Charlottes Empfehlung vertraute ich voll: Sie ist Wissenschaftlerin, die Lebensmitteltests durchführt und sich deshalb allerbestens mit Ernährungsfragen auskennt. Wenn sie selbst zur Kochbox greift, konnte es sich eigentlich nur um eine gute Idee handeln.

Ich orderte also noch am selben Abend mein erstes HelloFresh-Paket, das etwa eine Woche darauf eintraf: Der Postbote brachte es an einem Mittwoch abend frisch vorbei – und ich packte den Karton aus wie ein Kind seine Weihnachtsgeschenke.



In einer Kühltasche fand ich Frischkäse, Rind- und Putenfleisch, im Karton selbst lagen Kräuter und verschiedenstes Gemüse - und dann gab es noch ein Extra-Tütchen für „Die kleinen Dinge“ wie Gewürze. Alles liegt in genau der Menge bei, in der es gebraucht wird – ich würde also für die Reisnudelpfanne mit Erdnussbutter, die in dieser Woche auf der Speisekarte stand, nicht gleich auf einem ganzen Glas davon sitzen bleiben, ohne zu wissen, was damit weiterhin anzufangen sei. Das würde auch weniger Abfall produzieren – das nahm mich ebenfalls für den Online-Kochservice ein.

Ich verstaute die Lebensmittel in Kühlschrank und Küche - und war schon gespannt auf den kommenden Abend. Da würde ich mich zum Auftakt meines Kochkompetenztrainings an das „Cremig-gefüllte Panko-Putenschnitzel“ wagen.

Ich musste mich als Küchenlaiin natürlich zunächst fragen, was denn „Panko“ eigentlich sei. Davon hatte ich noch nie gehört. Ich las auf den beigefügten Karten nach: Die enthalten nicht nur die Zutatenliste und die Anleitung wie aus Fleisch, Gemüse und Kräutern eine schmackhafte Mahlzeit wird, sondern auch viel Wissenswertes rund um das Thema Ernährung sowie ein paar Küchentricks.

Panko, stellte sich bei der Lektüre heraus, sei ein aus Japan stammendes Paniermehl. Damit würde das Putenfleisch eine knusprig-lockere Kruste bekommen.„Hoffentlich!“, betete ich – eingedenk meiner diversen Koch-Blamagen. Aber alles ging gut. Ich brauchte zwar mehr als die angegebenen 35 Minuten zur Zubereitung, hauptsächlich weil das „Schnippeln“ mir noch ziemlich langsam von der Hand geht, aber am Ende landete eine wirklich leckere Mahlzeit auf meinem Teller.



Ich wäre aber nicht ich, wenn es nach der gelungenen Premiere nicht doch die ein oder andere Küchenpanne gegeben hätte. Es waren aber nur wenige – eine folgte am übernächsten Tag, als ich mich mutig an Thai-Street-Food heranwagte.

Ich kümmerte mich, genau der Anleitung folgend, um Schweinefleisch und Steinpilze, Zucchini und Zwiebeln. Aus Chili, Knoblauch, Erdnussbutter und Sojasosse mixte ich die Marinade – und kam dann zu Punkt Vier auf der Liste: „Reisnudeln in einem Topf nach Packungsanleitung zubereiten.“ So weit, so gut.

Ich muss nicht erwähnen, dass ich bis dato noch nie Reisbandnudeln gekocht hatte, oder? Deshalb waren mir die näheren Umstände der Zubereitung dieser fernöstlichen Speise auch völlig unbekannt. Ein Blick auf das Päckchen ließ meinen sehr hungrigen Magen vor Erschrecken aufknurren:

„Soak the noodles in warm or in cold water for 30 – 45 minutes before preparing.“

Diese kleine Info hätte ich gern eine dreiviertel Stunde früher gehabt. Es half ja nichts: Ich weichte ein – und wartete und wartete… Schließlich war das Essen nicht nur fertig, sondern auch lecker.

Ich zog meine Lehre daraus: Erst das Rezept gründlich lesen, dann alle Zutaten bereit legen – und dann erst ran an Pfannen und Töpfe. Dieses „Vorspiel“ ist mir inzwischen übrigens zum lieben Ritual geworden. Genauso wie ich mittlerweile die Aromen geradezu genieße, die beim „Mis en place“ oder beim Zubereiten entstehen. Ich liebe zum Beispiel den Duft von knusprig frittiertem Salbei... Aber soweit sind wir erzählerisch noch gar nicht.



Nach meiner Probewoche war ich fest entschlossen, weiter zu machen. Ich investierte sogar - endlich – in ein richtig scharfes Kochmesser. Ich hatte dem Werkzeug beim Kochen bisher - zum Entsetzen so manches kochbewanderten Freundes - nie viel Beachtung geschenkt und meine Messer auch recht stiefmütterlich behandelt – ja, ich habe sie sogar in die Spülmaschine getan! Shame on me.

Das kommt jetzt sicher nicht mehr vor: Das neue Santoku wird stets liebevoll von Hand gespült, damit es nicht vorschnell stumpf wird. Das wäre fatal, erlebe ich es während meiner Kochsessions doch immer wieder aufs Neue, wie unnötig ich mich bislang immer mit meinen nicht sehr schnittigen Messermodellen gequält habe und wie schnell und mühelos das Schneiden jetzt klappt.

Im Laufe der letzten Kochwochen hat sich aber nicht nur meine Haltung zur Essenszubereitung und dem dazu notwendigen Equipment verändert, ich esse auch anders: bewusster und genussvoller. Ich decke mir den Tisch schön ein, nehme mir mehr Zeit zum Essen, trinke etwas Leckeres dazu und zelebriere meine Mahlzeiten - selbst wenn ich allein am Tisch sitze - als sei jede ein Fest.

Einen Quantensprung in Richtung Meisterköchin habe ich zwar bestimmt immer noch nicht gemacht, aber die Hemmschwelle ist weg: Kochen ist kein Angang mehr, sondern etwas, worauf ich mich freue! Ja, wirklich!

Welcher Wandel sich da über Wochen vollzogen hat, wurde mir aber eigentlich erst klar, als ich für mein Geburtstagspicknick mit Vergnügen Rezepte wälzte (Verzeihung, HelloFresh, aber ich habe mal fremdgekocht) und überlegte: Was möchte ich meinen Gästen Leckeres servieren?



Das Menü meiner Wahl:
- Persische Lammhackfrikadellen mit Joghurt-Minz-Soße
- Mariniertes Putenfleisch mit Mango-Pfefferbeeren-Soße
- Ofenkarotten
- Triple-Choc-Schokoladenpudding
- Brownies
- Eistee

Ich stand zwei Tage – bei glühender Augusthitze und offener Balkontür - in meiner Küche. Am Ende war ich total erschöpft, aber unendlich glücklich. Ein solch herzliches Verhältnis hat es zwischen mir und meiner Küche noch nie gegeben - hab´ vielen Dank, Charlotte!

Meine Top5-HelloFresh-Gerichte:
- Paniertes-Panko-Putenschnitzel
- Scharfe Rigatoni-Pflaumen-Pfanne
- Zucchini-Fettucine-Pfanne mit Salbei-Zitronen-Soße
- Indisches Tandoori-Hähnchen mit Koriander-Reis
- Arabisch mariniertes Rinderhüftsteak mit Ofen-Karottensticks

Bonus-Track:
- Porree-Schmand-Flammkuchen mit Rucola-Apfel-Salat

P.S.: Es gibt übrigens noch eine zweite Person, die mich kochkünstlerisch in den vergangenen Jahren beeindruckt und beeinflusst hat. Auch ihr sei an dieser Stelle in aller Anonymität gedankt...

... comment